MeMu – Menschen Museum – Körperwelten in Berlin

5/5 - (4 votes)

Ich nehme euch heute mit in die KÖRPERWELTEN in Berlin Alexanderplatz, am Fuß des Fernsehturms. Ich habe schon sehr viel von den KÖRPERWELTEN gehört, hatte aber noch nicht die Gelegenheit sie zu besuchen.

Ich war in Berlin und durch Zufall hatte ich das Menschen Museum – MeMu entdeckt. Eigentlich wollte ich auf den Fernsehturm, leider war dieser geschlossen. Ich ging auf die Rückseite und schaute mich um und schoss ein paar Fotos, da entdeckte ich das Museum und ich zögerte keinen Augenblick, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und hinein zu gehen.

Ich begab mich auf eine spannende Reise unter die Haut, im wahrsten Sinne des Wortes, um das Wunder Mensch und Tier zu entdecken. Hier kann man abtauchen in das filigran aufeinander abgestimmte Zusammenspiel der verschiedenen Funktionssysteme des Menschen, man kann erkennen was passiert, wenn die innere Harmonie gestört ist.

Dr. Gunther von Hagens ist der Erfinder der Plastination und der Schöpfer der KÖRPERWELTEN. Damit rückt er die Anatomie von Mensch und Tier in ein neues, greifbares und anschauliches Licht. Er ist Mediziner, Wissenschaftler und Erfinder, ein Vorwärtsdenker, der den menschlichen Körper in beispielloser Weise für Lehre und Wissenschaft zugänglich macht. Er ist 1945 in Deutschland geboren, nahm mit 20 sein Medizinstudium in Jena auf. 1968 geriet er in politische Gefangenschaft der DDR, wurde 1970 von der BRD freigekauft und setzte sein Studium in Lübeck fort, was er mit Staatsexamen 1973 absolvierte. Er wechselte zur Universität Heidelberg, an der er in der Abteilung Anästhesie und Notfallmedizin promovierte. Seine Profession führte ihn an das Anatomische und Pathologische Institut, wo er vom Arzt zum Erfinder wurde. Er beginnt 1977 mit der Erfindung von Reaktionskunststoffen, die eine forcierte Imprägnierung anatomischer Präparate möglich machen. 1978 gründete er BIODUR® Products für den Vertrieb von Kunststoffen, Hilfsmitteln und Geräten zur Plastination. 1933 entstand das Institut für Plastination.

Dr. Gunther von Hagens eröffnete 1995 seine erste KÖRPERWELTEN Ausstellung, in der echte anatomische Präparate gezeigt wurden. Diese Ausstellung trat von da an ihre Reise durch die ganze Welt an, um Millionen Menschen davon zu begeistern. Im November 2006 hebt er die Gubener Plastinate GmbH aus der Taufe und errichtet mit dem Plastinarium das weltweit größte Kompetenzzentrum für Plastination im brandenburgischen Guben.

Er erfüllt sich im Februar 2015 den Traum des weltweit ersten Menschen Museums in Berlin, welches ich besucht hatte. Die Medizinerin Dr. Angelina Whalley ist die Kuratorin und auch für die Umsetzung des Menschen Museums in Berlin verantwortlich. Dieses Museum unterscheidet sich in der Gestaltung und didaktischen Herangehensweise deutlich von den bisherigen Ausstellungen, es beleuchtet die unterschiedlichen Facetten des Mensch-Seins und bietet auch den Kennern der KÖRPERWELTEN viele neue Eindrücke.

Das MeMu Berlin zeigt 200 Teil- und 20 Ganzkörperplastinate, die leicht verständliche einzelne Organfunktionen sowie häufige Erkrankungen vermitteln. Diese Ausstellung eröffnet den Blick auf ganz unterschiedliche Aspekte unseres Lebens, die uns alle beeinflussen: die Facetten des Lebens.

In der Ausstellung greift Dr. Gunther von Hagens auf sein eigenes, etabliertes Körperspendeprogramm zurück, in dem die Spender explizit darüber verfügen, dass ihr Körper nach dem Tod zur Ausbildung von Ärzten und der Aufklärung von Laien zur Verfügung stehen sollen. Alle anatomischen Präparate, die in den KÖRPERWELTEN Ausstellungen und im Menschen Museum gezeigt werden, sind echt. Sie stammen von Menschen, die zu Lebzeiten verfügt haben, nach dem Ableben als Spender noch von Nutzen sein können. Durch ihre selbstlose Spende ermöglichen sie einzigartige Einblicke in den menschlichen Körper, der bisher nur Ärzten vorbehalten war.

Die Spender, die ihren Körper nach dem Tod für die Plastination zur Verfügung stellen, spielen in dieser einzigartigen Hommage an die Menschheit die Hauptrolle. Von Anfang an waren die Körperspender von der Plastinationstechnik begeistert. Sie wollen mit ihrer Spende einen aktiven Beitrag für die Aufklärung und Bildung zukünftiger Generationen leisten. Die Besucher, die Geheimnisse des menschlichen Körpers ergründen, dessen Komplexität und Verletzbarkeit würdigen, sich solidarisch mit den Spendern zeigen, und das gemeinsame und unausweichliche Schicksal der Menschheit begreifen, sind gekennzeichnet von großem Wissensdurst, Respekt und Dankbarkeit den Spendern gegenüber.

Eine Vielzahl von Besuchern gibt an, nach dem Rundgang mehr über den menschlichen Körper erfahren zu haben, was ich nur bestätigen kann. Es macht über das Leben und Sterben nachdenklicher. Für viele war es ein Impuls gesünder zu leben.

Behördenwillkür gegen das Menschen Museum

Seit seinem Bestehen sieht sich das MeMu Verbotsbemühungen seitens des Bezirksamt Mitte von Berlin ausgesetzt. Nach 3-jährigen Rechtsstreit hat das Bezirksamt am 29. 09. 2017 eine neue Verfügung gegen Strafandrohung verhängt, nach der einige der ausgestellten Ganzkörperplastinate zu entfernen oder zu verhüllen sind. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte am 13. 09.2017 nochmals bestätigt, dass die Ausstellung zulässig ist. Voraussetzung ist die eindeutige Zuordnung der Exponate zu Körperspenden-Unterlagen. Bei 10 älteren Ganzkörperplastinaten lassen sich diese nicht mehr exakt einzelnen Körperspenden-Verfügungen zuordnen, sondern nur einem Pool von 53 Verfügungen. Die 10 Exponate sind daher verhüllt und sie stehen vor dem Bild, wie sie eigentlich ausschauen.

Die Plastination der Präparate

Die Plastination der Präparate erfolgt in mehren Schritten. Als Erstes muss der Verwesungsprozess des Präparates gestoppt werden, dafür wird über die Arterien Formalin in den Körper injiziert. Es tötet sämtliche Bakterien ab und verhindert durch chemische Prozesse den Zerfall des Gewebes. Danach wird mit Pinzette, Skalpell und Schere Haut, Fett- und Bindegewebe entfernt. Nun kommt es zur Entwässerung und Entfettung. Das Körperwasser und lösliche Fett wird durch ein Azetonbad herausgelöst. Im entscheidenden Schritt erfolgt die Plastination. Dabei wird das Azeton durch den Reaktionskunststoff ausgetauscht. Das Präparat wird in die Kunststofflösung gelegt und kommt in eine Vakuumkammer. Das Vakuum saugt das Azeton heraus und lässt den Kunststoff bis in jede Zelle eindringen. Danach wird das Präparat in die gewünschte Pose gebracht, jede einzelne anatomische Struktur korrekt positioniert und mit Hilfe von Drähten, Nadeln, Klammern und Schaumstoffblöcken fixiert.

Gubener Plastinarium

Im Gubener Plastinarium werden die Exponate für Gunther von Hagens Ausstellungen gefertigt und Besucher können den Präparatoren über die Schulter schauen. Der Schauspieler, die Pokerrunde und der Reiter auf dem Pferd, diese drei Figuren sind wohl die bekanntesten Plastinaten aus den KÖRPERWELTEN Ausstellungen. Im November 2006 eröffnete Gunther von Hagens sein Plastinarium. Seitdem wurden in den Räumen der ehemaligen Gubener Tuchmacherei alle Exponate für die acht KÖRPERWELTEN und zwei KÖRPERWELTEN der Tiere-Ausstellungen, sowie für das Menschen Museum gefertigt. Was viele nicht wissen, auch in Guben können von Hagens Ausstellungsstücke betrachtet werden. Auf über 3.000 qm Fläche erhalten die Besucher umfassende Einblicke in die menschlichen Körper, seine Organe und deren Funktion. Das Besondere ist dabei, dass der Besucher bei der Fertigung der Exponate zusehen kann. Hier werden für Studenten und Menschen in medizinischen Ausbildungsberufen auch Anatomiekurse und Workshops angeboten.
Gubener Plastinate, Uferstr. 26, 03172 Guben
Öffnungszeiten: Freitag – Sonntag 10.00 – 18.00 Uhr, letzter Einlass 16.00 Uhr
Eintrittspreise: Erwachsene: 12,00 Euro, ermäßigt: 10,00 Euro
www.plastinarium.com

Das MeMu möchte die Sichtweise auf und selbst nachhaltig ändern und den Körper noch stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Immerhin beruhen etwa 50% der individuellen Unterschiede im Glücksempfinden auf unseren Genen, 10% auf den Lebensumständen und die verbleibenden 40% haben wir selbst in der Hand, was eine persönliche und lebenslange Herausforderung für jeden von uns bedeutet.

Informationen zum MeMu:

MeMu Menschen Museum
Fernsehturm am Alexanderplatz, Sockelgebäude
Panoramastraße 1a
10178 Berlin
Öffnungszeiten: Freitag – Sonntag von 10.00 – 19.00 Uhr, letzter Einlass 1h vor Schließung
Eintrittspreise: Erwachsene 14 Euro, ermäßigt 12 Euro
Kinder & Jugendliche 9 Euro
Familienticket 40 Euro
Tickets für bestimmte Zeitfenster sind im Online-Vorverkauf bei reservix.de erhältlich.
Innerhalb der Räumlichkeiten ist das Tragen einer medizinischen Mund-Nasen-Maske (FFP 2 Maske) verpflichtend. Es gelten die Abstandsregeln (mind. 1,5 m) und die allgemeinen Hygieneregeln.
www.MeMu.Berlin 

Ich war absolut begeistert und möchte unbedingt mal nach Guben in das Gubener Plastinarium. Ich danke dem Menschen Museum für die Unterstützung.

Fotos Gabriele Wilms

Über Gabriele Wilms 14 Artikel
Reisen und Fotografieren sind meine Leidenschaft. Seit 2007 bin ich als Reisejournalistin und Bloggerin weltweit unterwegs. In dem Reiseblog Emotion on Tour möchte ich meine schönsten Reiseerlebnisse mit euch teilen und damit Inspirationen für neue Reiseziele bei euch wecken,